– Nicolas Jene

E-Commerce neu gedacht: Eine Strategie mit Zukunft

KMU starten oft voller Enthusiasmus in die Welt des E-Commerce und setzen auf All-in-One-Systeme wie WooCommerce oder Shopify. Meist verfliegt die erste Begeisterung schnell – denn solche E-Commerce-Systeme sind langfristig unflexibel, kostenintensiv und ungeeignet für Customer Centricity. Wie erschliessen KMU trotz vieler Einstiegshürden kosteneffizient den Online-Handel und garantieren die Agilität sowie Skalierung der digitalen Plattform?

Im E-Commerce bieten traditionelle All-in-One-Systeme eine unkomplizierte Implementierung, intuitives Handling und eine geringe Anfangsinvestition. Hat ein Unternehmen ein preiswertes, monolithisches System angeschafft, stellen sich schnell erste Erfolge ein – aber es gibt keine zentrale Sicht auf die Kunden mithilfe eines CRM resp. einer Customer Data Plattform. Man fischt im Trüben.

Die Mehrheit dieser All-in-One-Systeme basiert auf einer monolithischen Codebasis. Dies bedeutet, dass die Software in einem Stück konzipiert ist, die Komponenten der Software sind eng miteinander verbunden und voneinander abhängig.

E-Commerce-Systeme auf monolithischer Codebasis verfügen daher nur über begrenzte Anpassungsmöglichkeiten, insbesondere bei wachsenden Anforderungen sowie der Erweiterung und Skalierung. Zudem treten oft Schwierigkeiten bei der Implementierung individueller Entwicklungen oder Drittsysteme auf.

Stellen Sie sich Ihre E-Commerce-Plattform als Küche vor, in der Schränke und Arbeitsplatten verschiedene Komponenten der Software repräsentieren. Bei einer monolithischen Codebasis sind alle Schränke und Arbeitsplatten der Küche in einem einzigen Stück fest und unzerlegbar miteinander verbunden – funktional, aber unflexibel. Änderungen gestalten sich komplex und zeitaufwändig.

Teufelskreis der monolithischen Code-Architektur

Wachsende Unternehmen müssen oft ein neues System anschaffen, da das monolithische System, den komplexen Anforderungen nicht gerecht wird. Die Folge: hohe Migrationskosten, ein erneuter Plattform-Wechsel und neue Integrationen.

Auch die Integration eines Content-Management-Systems zur Unterstützung des Marketings oder die Auslieferung von Daten in Social-Media-Kanäle können weitere Sackgassen und somit einen abermaligen Plattform-Wechsel bedeuten.

Zwar sind die Kosten von monolithischen Systemen am Anfang gering, aber mit jedem Plattform-Wechsel schrauben sie sich höher und höher. Welche Alternativen bieten sich zu monolithischen Applikationen?

  • Composable Commerce light
    Moderne, modulare Software-Architektur (Bildquelle: e-sphere GmbH)

Moderne Software-Architektur erlaubt Flexibilität

Monolithische Systeme stehen im Widerspruch zu den Möglichkeiten moderner Best-of-Breed Software-Architekturen, die mehr Agilität wie auch Skalierung bieten. Der Begriff «Best-of-Breed» steht für die Philosophie, sich aus jedem Software-Anwendungsbereich die beste Lösung herauszusuchen und in die eigene IT-Infrastruktur zu integrieren.

Dazu werden Softwares verwendet, die über APIs an andere Systeme koppelbar sind (z. B. über Make, Zapier etc.). Steht eine Integration zur Verfügung, könnten die Systeme praktisch mit allen anderen Systemen, die über die gleichen Schnittstellen kommunizieren, verbunden werden. Für KMU eine perfekte Lösung.

Einen modernen Ansatz stellt Headless Commerce dar. Hier sind Benutzeroberfläche von der Funktionalität für die Verarbeitung der Bestellungen getrennt und kommunizieren über APIs miteinander.

Stellen Sie sich erneut eine Küche vor, welche für die Software und ihre Komponenten steht. Die Schränke und Arbeitsplatten sind voneinander getrennt und Sie können jede Komponente einzeln ändern oder aufrüsten, ohne die anderen zu beeinträchtigen. Headless Commerce folgt derselben Logik.

Dadurch können Online-Shops die Kundenerfahrung durch schnellere und effektivere Änderungen an der Front-End-Oberfläche verbessern, während die Backend-Funktionen flexibel an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden können – was mehr Flexibilität und Anpassungsmöglichkeiten bedeutet.

Eine weitere Möglichkeit ist Composable Commerce. Dieser Ansatz basiert auf der Zusammenstellung von Best-of-Breed-Komponenten zu massgeschneiderten Anwendungen, die spezifische Geschäftsanforderungen erfüllen.

Stellen Sie sich Composable Commerce als vor, wären die Schränke und Arbeitsplatten nicht nur getrennt, sondern auch austauschbar. Sie könnten jeden Schrank, jede Komponente durch eine andere ersetzen, die Ihren Bedürfnissen entspricht und so einen wirklich individuelles und anpassungsfähiges System schaffen.

Da jedes Teil Ihres E-Commerce-Systems mühelos ausgetauscht oder mit anderen kombiniert werden kann, bietet Composable Commerce maximale Kontrolle, Anpassungsfähigkeit und Skalierbarkeit.

Mit Best-of-Breed-Systemen zu 360°-Kundensicht

In der wettbewerbsintensiven Welt des E-Commerce ist es entscheidend, seine Kunden genau zu kennen. Best-of-Breed-Systeme ermöglichen es Unternehmen, umfassend Kundendaten zu sammeln und eine 360-Grad-Kundensicht zu erreichen. So können Sie beispielsweise die Interaktionen der Kunden mit Produkten verfolgen und unter anderem Metriken wie Kaufhistorie und Surfverhalten erheben. Dadurch lassen sich die Vorlieben und Einkaufsgewohnheiten der Kunden erkennen.

Mit diesem integrierten Ansatz können Unternehmen nicht nur ihre Angebote entsprechend den Vorlieben und Prioritäten der Kunden optimieren. Die mit diesen Systemen gesammelten Daten führen zu besseren Entscheidungen, rationalisierten Abläufen und personalisierten Kundenerlebnisse, die die Markentreue stärken. Darüber hinaus ermöglichen Best-of-Breed-Systeme Omnichannel-Architektur sowie Marketing.

Best-of-Breed gewinnt zunehmend an Popularität, sodass diese Art der Software bereits zahlreiche Botschafter und Interessenvertretungen vorweisen kann. Dazu zählen Zusammenschlüsse wie die MACH Alliance, welche sich für die offene und erstklassige Unternehmenstechnologie-Ökosysteme einsetzt.

Fazit: Best-of-Breed statt monolithische Software

Um erfolgreich im sich ständig weiterentwickelnden E-Commerce-Markt zu sein, ist die Nutzung von unflexiblen monolithischen Systemen nicht mehr zeitgemäss. Stattdessen sollten KMU versuchen, No- bzw. Low-Code Systeme zu nutzen und auf Plattformen zu setzen, die standardisierte Schnittstellen anbieten.

Langfristig sollten Unternehmen in moderne Software-Architekturen investieren, um flexibler auf Veränderungen reagieren zu können. Nur so können Unternehmen ihre Infrastrukturen an die sich ständig ändernden Anforderungen anpassen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und sicherzustellen, dass sie auch in Zukunft kundenfreundlich und online erfolgreich sind.

Dieser Artikel wurde im Fachmagazin «Topsoft» zum Thema «Customer Centricity» veröffentlicht.
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Nicolas Jene

Geschäftsführer und Berater

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